Inhaltsbereich

Zehn Reichsmark für den 25-minütigen Linienflug Krefeld-Köln

Veröffentlicht am: 22.12.2022

In Krefeld gab es in den 30er Jahren einen Flugplatz. BIld: Stadt Krefeld, Stadtarchiv
In Krefeld gab es in den 30er Jahren einen Flugplatz.
BIld: Stadt Krefeld, Stadtarchiv

Vom Flugplatz an der Verberger Straße erreichten Passagiere internationale Ziele

Von Krefeld mit dem Flugzeug nach Berlin, London oder Venedig - das war für einige Jahre ab „Bockum-International" möglich. So hieß der Krefelder Flughafen natürlich nicht - aber „international" trifft die Sache schon. Nachdem der Platz zunächst vom Militär genutzt wurde, zog nach den belgischen Besatzungstruppen die „Luft Hansa" ein. Die Luftlinie nahm im Frühjahr 1926 Krefeld in ihr Streckennetz auf. Von der Verberger Straße gelangten die Passagiere über Dortmund und Braunschweig ohne Umstieg in die Reichshauptstadt Berlin. Anlässlich der Eröffnung der Linie strömten tausende Krefelder auf das Rollfeld.

"Luft Hansa" überflog mit Journalisten die Stadt

Nur einen Tag nach dem endgültigen Abzug der Belgier aus dem Rheinland überflog am 2. Februar 1926 eine Maschine der „Luft Hansa" (erst ab 1933 Lufthansa) mit Krefelder Journalisten den Flugplatz und die Stadt. Darüber berichteten sie anschließend in den hiesigen Zeitungen: „Die Flugzeuge sind Luxuszüge der Luft, bequeme Armsessel laden zu wohligem Ruhen und behaglichen Schauen der Landschaft ein, Deckenbeleuchtung, sogar eine Toilette ist vorhanden." Weitere zwei Tage später landete dort auch das erste Flugzeug, der Beginn der zivilen Luftfahrt in Krefeld. Vor der regulären Aufnahme des Betriebs kamen rund 50.000 Krefelder zu drei Flugtagen auf das Areal. Für den Auflauf sorgten unter anderem damalige bekannte Piloten wie Gerhard Fieseler und Ernst Udet.

Berlin-Linie und Flug nach Köln

Obwohl die Belgier einige Wartungshallen demontiert hatten, konnte mit den noch vorhandenen Gebäuden der Flugplatz seinen Betrieb aufnehmen. Die Prestige-trächtige Berlin-Linie erwies jedoch bald als unwirtschaftlich, so dass man stattdessen einen planmäßigen Zubringerdienst zu den Flughäfen in Essen/Mülheim und Köln anbot. Das belebte das Geschäft. Auf diesem Wege konnten im Jahr 1933 die Krefelder über 130 innerdeutsche und europäische Ziele erreichen: Von Krefeld über den Umstieg in Köln nach Venedig kostete ein Ticket 124 Reichsmark (eine Reichsmark 1933 entspricht 4,70 Euro). Die Flugdauer betrug etwas mehr als sieben Stunden. Der Flug nach Köln dauerte nur 25 Minuten und war mit zehn Reichsmark vergleichsweise günstig. Die schnellste Bahnverbindung benötigte übrigens 55 Minuten.

Luftverkehr für die Fracht

Eine größere Bedeutung hatte in Krefeld zunächst der Frachtverkehr. Im ersten Jahr wurden 73,7 Tonnen Versandgut vornehmlich der Seidenindustrie in alle Welt transportiert. Allerdings sanken auch hier die Zahlen bis zur Einstellung des zivilen Luftverkehrs 1934 an der Verberger Straße auf nur noch 16,7 Tonnen pro Jahr. Vor allem Köln dominierte dieses Geschäft - im Jahr 1934 mit 714 Tonnen. Für die „Luft Hansa" lohnte sich der Betrieb von Krefeld allerdings so oder so: Die Stadt garantierte dem Unternehmen eine Flugleistung von mindestens 5.000 Kilometern, für jeden nicht erreichten zahlte sie 1,70 Reichsmark Ausfallgebühr. Dazu kam es jedoch nur selten. Rund- und Werbeflüge sorgten neben dem übrigen Geschäft für das Erreichen der 5.000er-Marke.

Der historische Flugplatz im Bild:
Fast 950 Maschinen im Jahr

Die Starts der Passagiermaschinen steigerten sich in Krefeld von 224 (1926) auf fast 950 (1931) pro Jahr. Wegen des erhöhten Aufkommens wurde im Jahr 1928 die Renovierung und Modernisierung der Flughafen-Gebäude beschlossen und umgesetzt. So entstanden moderne Verwaltungseinheiten, Empfangs- und Warteräume sowie eine Gaststätte. Aufgrund der besseren Ausstattung wurde aus dem Verkehrslandeplatz ein Flughafen zweiter Ordnung. Ein Höhepunkt in der kurzen Geschichte der zivilen Luftfahrt in Krefeld sollte die Landung der Junkers G 38 am 7. Oktober 1932 sein, das seinerzeit größte Passierflugzeug der Welt, also die Airbus A 380 dieser Tage. Der viermotorige Koloss bot 50 Passagieren Platz, unter anderem in der Bugkanzel und den Flügeln.

1945 ging der letzte Flug

Der Niedergang des Luftfernverkehrs zeichnete sich in den 1930er-Jahren ab. Die Flughäfen in Köln, Essen/Mülheim sowie Düsseldorf übertrafen die Regionalplätze wie in Krefeld immer mehr an Passagier- und Frachtumsatz. Die kurzen Flüge lohnten sich nicht mehr, weil Flugzeuge und Kraftwagen immer leistungsstärker und schneller wurden. In Krefeld endete 1934 die nur acht Jahre andauernde Zivilluftfahrt. Die letzte planmäßige Maschine hob am 31. Oktober ab. Bis 1945 nutzte dann die Luftwaffe das Areal. Alliierte Flugzeuge starteten und landeten nur noch selten auf dem Platz, so dass der Betreib bald vollends eingestellt wurde. Heute befinden sich dort ein Gewerbegebiet und der Stadtteil Gartenstadt. Die noch vorhandenen Gebäude wurden abgerissen. Übrig blieb lediglich ein Teil der gemauerten Einfriedung des Flughafens an der Ecke Werner-Voss-Straße/Emil-Schäfer-Straße.

 

 

Weitere Beiträge mit Bildergalerie:
Der Klang des Materials in der Kunst der 1950er- bis 1970er-Jahre
Mit der Ausstellung „On Air“ widmet sich Dr. Sylvia Martin, Kuratorin und stellvertretende Museumsleiterin an den Kunstmuseen Krefeld, erstmals der Macht der Klänge und Geräusche. Eindrücke der neuen Ausstellung gibt es in deiner Bildergalerie.
Das KWM zeigt im Moment die Ausstellung "On Air". Bild: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation
Besuch aus Frankreich: Neue Impulse für Partnerschaft mit Dünkirchen
Die Städte Krefeld und Dünkirchen möchten ihre Partnerschaft künftig stärken und weiter ausbauen. Beim dreitägigen Besuch einer französischen Delegation wurden am vergangenen Wochenende zahlreiche neue Ideen und erste konkrete Vereinbarungen auf den Weg gebracht.
Eine Delegation aus Dünkirchen war in Krefeld zu Besuch.Bild: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation
Erinnerung Novemberpogrom: Schüler reinigen Stolpersteine
Am 8. und 9. November haben sich 14 Krefelder und eine Sankt Töniser Schule an einer großangelegten Putzaktion der NS-Dokumentationsstelle und des Villa Merländer-Fördervereins beteiligt. Inzwischen gibt es 15 Bildungspatenschaften von Schulen mit der NS-Dokumentationsstätte.
Viele Krefelder Schulen haben sich an der Putzaktion der Stolpersteine anlässlich des Jahrestags des Novemberpogroms beteiligt.Bild: Gesamtschule Kaiserplatz
Bildergalerie Das war der "Play-It!-Tag" in der Mediothek
Viele Familien waren der Einladung der Mediothek gefolgt: Am Sonntag, den 16. Oktober, drehte sich in Krefelds Stadtbücherei alles rund um das Thema Spielen. Eindrücke gibt es in unserer Bildergalerie.
Viele Familien kamen zum diesjährigen "Play It!-Tag" in die Mediothek. Bild: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, A. Bischof
Bildergalerie: Erstes Hundeschwimmen im Freibad Bockum erfolgreich
Das erste Hundeschwimmen im Krefelder Badezentrum Bockum ist hervorragend angekommen: Am Samstag kamen bei sonnigem Wetter rund 150 Vierbeiner mit zahlreichen Begleitpersonen, um die Chance zu nutzen, einmal im Mehrzweckbecken zu toben und zu schwimmen.
Hundeschwimmen im Bockumer Freibad.Bild: Stadt Krefeld, Sport- und Sportförderung
Weitere Beiträge über das historische Krefeld:
100 Jahre Sprödental-Kirmes: Der Streik der Schausteller
Die Kirmes auf dem Sprödentalplatz feiert in diesem Frühling ihr 100-jähriges Bestehen. Die ersten Buden und Fahrgeschäfte wurden 1924 zunächst auf einem recht kleinen Areal an der Grenzstraße Ecke Uerdinger Straße aufgebaut – damals noch umzäunt.
Der Kirmes-Platz um 1930. Foto: Stadt Krefeld, Stadtarchiv
Erste Ausstellung über die Bataverschlacht in Deutschland
Die Luft ist erfüllt vom Geschrei, Pferde wiehern, Klingen von Schwertern scheppern aneinander. Der Angriff der Bataver in Gelduba kam für die Römer völlig überraschend. „Die Folge war keine Schlacht, sondern ein Schlachten", schildert der römische Historiker Tacitus in seinen „Historien" die dramatische Situation.
Titelbild. Miniaturansicht der Bataverschlacht in Krefeld. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Martin Kramer
Eis und Hochwasser bedrohten Jahrhunderte die Rheinstadt Uerdingen
Die Zeiten, in denen auch Eis während der Wintermonate auf dem Rhein trieb oder der Strom sogar zufror, sind heute Geschichte. Aber das war nicht immer so. Dieser Artikel blickt zurück in die alte Geschichte.
Uerdingen - Rheinuferpromenade mit Schaulustigen im April 1983. Foto: Stadtarchiv Krefeld
Oberbürgermeister Johannes Stepkes wurde vor 140 Jahren geboren
Nachdem für Krefeld der Zweite Weltkrieg bereits Ende Februar/Anfang März 1945 mit der Besatzung durch US-amerikanische Truppen endete, wurde Johannes Stepkes von der amerikanischen Militärregierung am 4. März 1945 als Bürgermeister der Stadt eingesetzt, ab 30. Mai als Oberbürgermeister.
Schwarz-Weiß-Fotografie von Dr. Johannes Stepkes Foto: Stadtarchiv Krefeld
Menschen, Tiere, Sensationen - der alte Krefelder Tiergarten
1879 wurde an der Uerdinger Straße der Krefelder Tiergarten eröffnet. Exotik, Romantik, wilde Tiere, Musik und Tanz - wer sich amüsieren wollte, fuhr vor die Tore der Stadt. Sonntags rumpelten die Droschken, die 1883 durch die Dampfbahn nach Uerdingen Konkurrenz erhielten, über das holprige Pflaster der Rheinstraße hinaus zum Tiergarten, um sich dort gut unterhalten zu lassen.
Der Eingang zum Alten Tiergarten. Foto: Stadt Krefeld, Stadtarchiv

 

Weitere Themen aus der Stadtverwaltung: