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Stadtarchiv Krefeld erhält Unterlagen von Haus Lange und Esters

Veröffentlicht am: 02.04.2024

Architekt Klaus Reymann hat seine Unterlagen an Stadtarchivar Olaf Richter übergeben. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Dirk Jochmann
Architekt Klaus Reymann hat seine Unterlagen an Stadtarchivar Olaf Richter übergeben. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Dirk Jochmann

Leidenschaft - die klingt bei jedem Wort mit, wenn Architekt Klaus Reymann über die Museen Haus Lange und Haus Esters in Krefeld erzählt. Architekt Ludwig Mies van der Rohe (1886-1969), der einstige Direktor des Bauhauses, hat die beiden Villen an der Wilhelmshofallee 1927 bis 1930 als private Domizile konzipiert und gebaut. Die ehemaligen Wohnhäuser dienen heute den Kunstmuseen als Spielorte - seit 1955 Haus Lange und seit 1981 Haus Esters. International beachtete Positionen zeitgenössischer Kunst wurden dort ausgestellt, unter anderem von Andreas Gursky, Gerhard Richter, Christo und Yves Klein. „Wenn Sie in New York in eine Galerie gehen, wissen die Leute sofort, was Haus Lange und Haus Esters sind", sagt Reymann mit einem Lächeln. Ende der 1990er-Jahre leitete er die Sanierung des europaweit einzigartigen Gebäude-Ensembles, und dabei hat er den Villen tief hinter die Fassade geschaut. Nun hat der unermüdliche Krefelder Denkmalschützer zusammen mit seiner Ehefrau Gabriele die Unterlagen der Sanierung dem Stadtarchiv Krefeld übergeben. Ein Konvolut bestehend aus rund 80 Aktenordnern, Plänen, Dokumenten, Schriftverkehr, Fotos und einem Instandhaltungskonzept. „Das sind ungefähr fünf Archivmeter", sagt Dr. Olaf Richter, Leiter des Stadtarchivs Krefeld.

Einige Fensterscheiben aus den 1920er-Jahren überstanden sogar einen unmittelbaren Bombeneinschlag

„Das Instandhaltungskonzept ist wichtig für die zukünftige Zeit", erklärt der Architekt, während im Lesesaal des Archivs im Hintergrund mehrere Fotos die einstigen Sanierungsarbeiten zeigen. Der Zahn der Zeit hatte damals deutlich seine Spuren an den Häusern hinterlassen. Trotz des großen Restaurierungsbedarfs konnte schon 1995 festgestellt werden, dass die originale Bausubstanz zumindest soweit erhalten war, dass sie wieder instand gesetzt werden konnte. Die Schäden aus dem Zweiten Weltkrieg waren minimal. Einige Fensterscheiben aus den 1920er-Jahren überstanden sogar einen unmittelbaren Bombeneinschlag, weil man sie vorsorglich geöffnet hatte, um einer Druckwelle keinen Ansatzpunkt zu geben. Nach knapp 80 Jahren bedurfte es dennoch einer grundlegenden und denkmalgereichten Sanierung an der Substanz - bis ins Detail wie dem schwarzen Fugenmörtel. Dieser wurde in den 1920er-Jahren mit hinzugefügtem Ruß gefärbt. Das sei aber in den 1990er-Jahren nicht mehr erlaubt gewesen, berichtet Reymann. „Wir haben dann ein anderes schwarzes Pigment verwendet, um die gewünschte optische Wirkung zu erzielen", so der Architekt.

„Die Hebefenster waren aber die größte Herausforderung", betont Reymann. In der Konzeption von Mies van der Rohe spielten die versenkbaren Fenster eine wichtige Rolle. Hebefenster vergleichbarer Bauart wurden auch beim Haus Tugendhat in Brünn (Tschechische Republik) eingebaut, das Ende der 1920er-Jahre unter der Leitung von Mies van der Rohe errichtet wurde. Die beweglichen Fenster sollten die Verbindung des Außen- und Innenraumes erlebbar machen. Das war in Krefeld jedoch schon lange nicht mehr möglich. Auf der Schadensliste stand unter anderem, dass sich die Fenster nicht mehr bewegen ließen, starke Korrosion im Bereich des Fußprofils vorhanden waren und Versiegelung vieler beweglicher Teile und daraus resultierende Funktionsunfähigkeit vorlag. Der Initiative der Krefelder Baudenkmal-Stiftung in Zusammenarbeit mit kompetenten Krefelder Firmen sei es zu verdanken gewesen, dass die komplizierte Mechanik repariert und überarbeitet werden konnte und die Fenstertechnik wieder funktioniert. Die Vorführung der alten Technik ist heutzutage oft ein Höhepunkt bei Führungen durch Haus Lange - zuletzt hat Reymann im Rahmen der Mehr-Mies-Wochen neugierigen Besuchern alles erklärt. „Es waren so viele Menschen, dass wir zwei Gruppen bilden mussten", fügt Gabriele Reymann hinzu.

Alte Technik ist Höhepunkt bei Führungen

Klaus Reymann wurde am 12. Juli 1942 in Krefeld geboren. Er wuchs in der Gegend rund um den Stadtwald auf. An der Werkkunstschule Krefeld studierte er in den 1960er-Jahren Architektur und erhielt dort auch eine Ausbildung in Angewandter Malerei und Grafik sowie im Umgang mit Metall, Glas, Holz, Keramik und Textilien. Im Alter von 28 Jahren machte er sich selbstständig. Für seine Verdienste in der Bau- und Denkmalpflege hat der Krefelder Architekt mehrere Auszeichnungen erhalten, unter anderem die Stadtehrenplakette, den Rheinlandtaler des Landschaftsverbands Rheinland und das Bundesverdienstkreuz. Die 1995 von Gabriele und Klaus Reymann gegründete Krefelder Baudenkmal-Stiftung unter dem Dach der Deutschen Stiftung Denkmalschutz fördert den Erhalt und die Pflege von Kulturdenkmalen in Krefeld und Umgebung.