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Gelduba als kultureller Schmelztiegel des Römischen Reichs

Veröffentlicht am: 17.03.2022

Stellen die neue Ausstellung vor (von links): Restaurationsmitarbeiterin Alexandra Frischen, Eric Sponville, Doktorand am Archäologischen Museum Krefeld,Stadtarchäologe Dr. Hans Peter Schletter,  Restauratorin Eileen Wolff.  Foto: Stadt Krefeld, Presse und KommunikationStellen die neue Ausstellung vor (von links): Restaurationsmitarbeiterin Alexandra Frischen, Eric Sponville, Doktorand am Archäologischen Museum Krefeld,Stadtarchäologe Dr. Hans Peter Schletter, Restauratorin Eileen Wolff.
Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation

Neue Ausstellung ab 18. März im Archäologischen Museum Krefeld

Vom Atlantik bis an das Schwarze Meer, von Nord-England bis Nordafrika reichte einst das Römische Reich. Und dann soll ein kleiner Ort am Rande des Imperiums die Vielfalt an Menschen, Religionen und Handel innerhalb des antiken Weltreiches widerspiegeln? „In Gelduba ist das tatsächlich möglich", sagt Krefelds Stadtarchäologe Dr. Hans Peter Schletter. Obwohl der Kastellstandort samt Zivilsiedlung am Niedergermanischen Limes im heutigen Krefeld kein Zentrum wie Köln oder Xanten war, bilden die reichhaltigen Funde aus dem größten erforschten antiken Gräberfeld nördlich der Alpen und aus den diversen Kastellen an diesem Standort die Vielfalt dieses römischen Schmelztiegels ab. „Für diesen Flecken Gelduba können wir über fünf Jahrhunderte hinweg die Mobilität und Migration der Bevölkerung aus den römischen Provinzen und drüber hinaus nachweisen", sagt Schletter. Diese Forschungsergebnisse sind ab 18. März in der Ausstellung „Heimat in der Fremde - Gelduba im Weltreich der Römer" im Archäologischen Museum Krefeld zu sehen. „Es gibt viele Funde, Modelle und Karten, die wir zum ersten Mal zeigen", so der Stadtarchäologe.

 

Modell eines Kastell-Lagertores von Gelduba in der Spätantike Foto: Stadt Krefeld, Presse und KommunikationModell eines Kastell-Lagertores von Gelduba in der Spätantike
Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation

Das war Gelduba

Gelduba in der Provinz Niedergermanien lag direkt am Rhein, auf einer Anhöhe vor dem Hochwasser des Stroms geschützt und somit ein idealer Standort für das Militär. Auf der anderen Flussseite begann bzw. endete der alte Hellweg, eine Handelsroute in das germanische Stammesgebiet - ein optimaler Standort für Kaufleute. Die Geschichte des ersten Kastells begann 70/71. Eine 500 Mann starke Reitereinheit aus Spanien baute das erste Holz-Erde-Kastell. Nachweisen lässt sich das anhand von Ziegelstempeln, welche die Spanier für das erste Badehaus selbst brannten. Den Spaniern folgten zahlreiche Soldaten aus dem gesamten Reich unter anderem aus dem Osten während des vierten Jahrhunderts. In deren Gefolge gelangte wohl eine Wanderratte an den Niederrhein, deren Knochen am Grund eines Brunnens entdeckt worden sind. „Es ist der einzige Nachweis einer Wanderratte im gesamten westeuropäischen Raum in der Spätantike", so Schletter. Im ersten Jahrhunderts erreichten die aus Asien stammenden Tiere den Mittelmeerraum, aber das nördliche Europa erst in der Mitte des 18. Jahrhunderts. Diese einzelne Ratte könnte als „Blinder Passagier" mit den Soldaten aus dem Osten des Reiches auf einem römischen Schiff an den Rhein gekommen sein. Und diese Soldaten waren es wohl auch, die das spätantike Kastell mitgebaut haben. „Dafür spricht die Architektur", so Schletter. Das können Besucher an einem Teilmodell des spätantiken Kastells sehen, das nach den neuesten Forschungsergebnissen extra für die Ausstellung angefertigt wurde.

 

Armreife aus einem Frauengrab. Das Dekor weist auf eine britische Herkunft hin.  Bild: Stadt Krefeld, Presse und KommunikationArmreife aus einem Frauengrab. Das Dekor weist auf eine britische Herkunft hin.
Bild: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation

Landkarten zeigen die Größe der Anlage

Wie eindrucksvoll die „Internationalität" von Gelduba ist, können Besucher sehr einfach an den Verbreitungs- und Landkarten erschließen, die für die Exponate erstellt worden sind. Dahinter steckt eine große Recherchearbeit, da ja jeder Punkt wissenschaftlich belegt werden muss. Wie diese Detailsarbeit überzeugt die gesamte Ausstellung, die vom Team um Schletter mit dem Doktoranten Eric Sponville, der Restauratorin Eileen Wolff, die Restaurationsmitarbeiterin Alexandra Frischen sowie die Museumspädagogen Larissa Konze und Matthias Ackermann erstellt worden ist. Dabei unterstützte sie auch Vera Lange, eine ehrenamtliche Mitarbeiterin des Museums, bei der Übersetzung russischer Fachaufsätze. Die Erkenntnisse daraus halfen, ein sarmatisches Frauengrab in Gelduba einzuordnen, vor allem einen kleinen Spiegel. Eine vergleichbare Grabbeigabe existiert nur noch an einer weiteren Fundstelle im gesamten römischen Westen. Ansonsten fanden sich solche Spiegelchen auf der Krim, in der Ukraine und im südlichen und westlichen Sibirien. Und wie kam der Spiegel nach Krefeld? Vermutlich dienten Sarmaten im römischen Heer als schwer bewaffnete und gepanzerte Reitereinheit. „Hier wurde wahrscheinlich eine Sarmatin von Sarmaten begraben", sagt Schletter. Der Eintritt in das Archäologische Museum Krefeld an der Rheinbabenstraße 85 ist für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre kostenfrei. Die Ausstellung endet am 22. Januar 2023.

Das Kasterllareal ist Welterbe

Das Kastellareal in Krefeld-Gellep (Gelduba) wurde im vergangenen Jahr als Welterbestätte am Niedergermanischen Limes anerkannt. Der Niedergermanische Limes bestand zwischen 15 vor und circa 450 nach Christus und gehört damit zu den frühesten Grenzsystemen des Römischen Reiches und gleichzeitig zu den am längsten gehaltenen Grenzabschnitten. Der Niedergermanische Limes ist Teil des Welterbeprojektes „Die Grenzen des Römischen Reiches". Dieses umfasst die Grenzlinien und Militäreinrichtungen zur Zeit der Blüte des Römischen Reiches, etwa von 100 bis 200 nach Christus. Bislang wurden bereits die Teilabschnitte „Hadrian's Wall" (1987), „Antonine's Wall" (2008) in Großbritannien und der Obergermanisch-Raetische Limes (2005) sowie der Donaulimes (2021) in Deutschland als Unesco-Welterbe anerkannt.

 

 

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Dr. Christoph Reichmann, ehemaliger Leiter des Museums Burg Linn, und Stadtarchäologe Dr. Hans-Peter Schletter (r.) vor einem freigelegten Bereich des Grabens. Die roten Markierung wurde nachträglich für eine bessere Wahrnehmung in das Foto montiert. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Andreas Bischof
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