Inhaltsbereich

Erste Ausstellung über die Bataverschlacht in Deutschland

Veröffentlicht am: 10.04.2024

Eingebettetes Youtube-Video

Die Luft ist erfüllt vom Geschrei, Pferde wiehern, Klingen von Schwertern scheppern aneinander. Der Angriff der Bataver in Gelduba kam für die Römer völlig überraschend. „Die Folge war keine Schlacht, sondern ein Schlachten", schildert der römische Historiker Tacitus (58 bis 120) in seinen „Historien" die dramatische Situation. Zahlreiche Menschen und Pferde sterben an jenem Herbsttag im Jahr 69 nach Christus bei „Gelduba". In historischen Quellen werden solche Kämpfe und Kriegsschlachten zwar häufig beschrieben, doch wo diese wirklich stattgefunden haben, bleibt oft ein Rätsel. Nicht so in Krefeld. Dort haben Archäologen tatsächlich mit Funden und Ausgrabungen eine historisch überlieferte Schlacht nachweisen und durch weitere Erkenntnisse die Schilderungen ergänzen können - ein seltener Glücksfall. Nun zeigt das Archäologische Museum Krefeld dazu erstmals die Sonderausstellung „Römer versus Bataver. Die Schlacht von Gelduba".

Miniaturansicht der Bataverschlacht in Krefeld. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Martin Kramer

Miniaturansicht der Bataverschlacht in Krefeld. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Martin Kramer

Nur drei bekannte antike Schlachtfelder in Deutschland

Wer heute über die schmalen Wirtschaftswege entlang der Äcker und Wiesen in Krefeld-Gellep schlendert, ahnt natürlich nichts mehr von den Ereignissen vor rund 2.000 Jahren. Die Spuren von Gelduba und der Schlacht befinden, beziehungsweise befanden sich im Boden beziehungsweise im Archäologischen Museum Krefeld. In Deutschland konnten nur ganz selten antike Schlachtfelder durch Archäologen nachgewiesen worden: am Harzhorn (Südniedersachsen im Landkreis Northeim), in Kalkriese (Landkreis Osnabrück) und eben in Krefeld. Dort gibt es zudem - und das ist eine absolute Ausnahme - eine passende historische Schriftquelle. „Die Schlacht ist ein absolutes Alleinstellungsmerkmal für unser Haus", betont Museumsleiter Dr. Boris Burandt. Tacitus (58 bis 120) schildert sehr genau für seine gebildete Leserschaft den Kampfverlauf - aus rein römischer Sicht. Als Elfjähriger wird er selbst kaum ein Augenzeuge gewesen sein. Ihm wurde jedoch wohl aus „erster Hand" über das Ereignis berichtet.

Miniaturansicht der Bataverschlacht in Krefeld. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Martin Kramer
Miniaturansicht der Bataverschlacht in Krefeld. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Martin Kramer

Ausstellung gliedert sich in zwei Teile

„Wir haben eine zweigeteilte Ausstellung", sagt Kurator und Stadtarchäologe Dr. Hans-Peter Schletter. Sie beginnt mit einem Erlebnisbereich mit mehreren Miniaturdarstellungen, führt durch einen Tunnel mit einer Schlachtanimation in eine sachlich-wissenschaftliche Betrachtung mit archäologischen Funden. Die Präsentation umrahmen Schattenbilder von römischen Soldaten. Denn: „Wir kennen keine Namen. Wir wissen nicht, was die Menschen vorher oder nach der Schlacht gemacht haben. Wir können keine individuellen Schicksale erfassen, nur schattenhaft das Leid und den Schrecken", erklärt Schletter diese fiktionale Momentaufnahme. Und es gehe schon gar nicht um eine Glorifizierung der Römer und einer Schlacht in der Antike, wie es die so genannten Monumental- und Sandalen-Filme aus den 1950er und 1960er-Jahren noch darstellten. Deswegen habe er auch kein Lieblingsexponat in der Ausstellung. „Es sind alles Dinge zum Töten", so der Archäologe.

Miniaturansicht der Bataverschlacht in Krefeld. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Martin Kramer
Schattenbild in der Ausstellung. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Martin Kramer

Mehrere Miniaturansichten von Ereignissen

Die Geschichte um die Schlacht - hier nur knapp skizziert - hat ihren Ursprung in Rom. Mit dem Tod Kaiser Neros im Jahr 68 nach Christus entbrannte eine heftige Auseinandersetzung um seine Nachfolge. Diese innere Unruhe nutzte der Stamm der Bataver aus dem Rheindeltagebiet und mit ihnen verbündete germanische Stämme für eine Rebellion, die als Bataveraufstand bekannt wurde. Hier setzt der erste Teil der Ausstellung in Krefeld an: Ein sieben Meter langes Diorama (Miniaturansicht) zeigt den Ausschnitt eines römischen Trosses plus Armee auf dem Weg an den Niederrhein. „In Wirklichkeit war so ein Tross noch viel länger", so Burandt. Weitere Dioramen ermöglichen einen Blick auf ein typisches römisches Feldlager und einen von Tacitus beschriebenen Überfall von Batavern auf ein römisches Versorgungsschiff kurz vor der eigentlichen Schlacht.

Miniaturansicht der Bataverschlacht in Krefeld. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Martin Kramer
Miniaturansicht der Bataverschlacht in Krefeld. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Martin Kramer

Animation im Tunnel

Die Besucherinnen und Besucher betreten solch einen Tunnel und stehen plötzlich inmitten der kämpfenden Parteien. Die Animation benötigt keine blutigen Bilder, um die Dramatik und Heftigkeit der Mann-gegen-Mann-Auseinandersetzung zu überhöhen. Unweit des Rheins trafen 69 nach Christus zwischen 20.000 und 25.000 Soldaten aufeinander. Die Bataver dienten mit vielen Männern in der römischen Armee als Spezialeinheit. Sie waren in allen Kampftechniken bestens ausgebildet. „Das waren keine Germanen in zottligen Fellen, sondern gut ausgebildete und mit römischen Waffen bestückte Soldaten", so Schletter. Der germanische Stamm der Bataver siedelte mit seinen 35.000 bis 45.000 Menschen zwischen Rhein und Maas. Sie betrachteten sich selbst als „societas", als unabhängige Verbündete Roms, die Römer sie jedoch als Teil ihres Reiches. Trotz einiger Sonderrechte mussten die Bataver Soldaten stellen, von denen zahlreiche nach dem Ende der Dienstzeit auch das römische Bürgerrecht erhielten. Ihr Aufstand begann nach dem Selbstmord von Kaiser Nero im Jahr 68: Die Bataver sollten nun nicht mehr freiwillig, sondern erzwungen Soldaten stellen. Dagegen erhoben sich die Bataver am Rhein. Ihnen schlossen sich etwa 5.500 schon im Dienst befindliche Soldaten an, weil sie unehrenhaft von ihren Aufgaben nach dem Selbstmord des Kaisers entbunden waren. Bei der Bataverschlacht in Gelduba trafen also erprobte römische Soldaten aufeinander.

Miniaturansicht der Bataverschlacht in Krefeld. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Martin Kramer

Animation im Tunnel der Ausstellung. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Martin Kramer

Archäologische Funde aus Gellep

Es schließt sich der wissenschaftliche Bereich an, in dem die archäologischen Erkenntnisse aus den vergangenen Jahrzehnten zusammengetragen worden sind. Restauratorin Eileen Wolff - sie konzipierte die Ausstellung mit - hat unter anderem fünf von über 200 gefundenen Pferdeskeletten aus der Schlacht präpariert. Diverse Schwarz-Weiß-Fotos vermitteln einen guten Eindruck von den unterschiedlichen Grabungen in Krefeld-Gellep. Die Ausstellung endet mit einer archäologischen Sensation: Schletter konnte erstmals in Deutschland die Spuren von zwei Trophaea auf einem antiken Schlachtfeld nachweisen - in Krefeld. Nur durch einen glücklichen Zufall konnten die römischen Legionäre die Schlacht gegen den germanischen Stamm der Bataver doch noch gewinnen, weil im letzten Augenblick eine römische Verstärkung eintraf. Dort wendete sich die Schlacht, und dort bauten die Römer ihre temporären Siegesdenkmäler auf.

Kurator und Stadtarchäologe Dr. Hans Peter Schletter, Restauratorin Eileen Wolff – sie konzipierte zudem die Ausstellung mit, und Museumsleiter Dr. Boris Burandt. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Dirk Jochmann
Kurator und Stadtarchäologe Dr. Hans Peter Schletter, Restauratorin Eileen Wolff - sie konzipierte zudem die Ausstellung mit, und Museumsleiter Dr. Boris Burandt (v.l.). Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Dirk Jochmann

Die Ausstellung „Römer versus Bataver. Die Schlacht von Gelduba" geht bis zum 20. Oktober. Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre zahlen keinen Eintritt in die Krefelder Museen, Erwachsene zahlen für die Sonderausstellung drei Euro Eintritt. Im Archäologischen Museum Krefeld befinden sich weitere Funde aus dem römischen Kastell und dem Gräberfeld.

Weitere Nachrichten zum Thema "Welterbe Niedergermanischer Limes":

Rätsel um geheimnisvollen römischen Graben in Krefeld gelöst
Am Kastellareal in Gellep wurde nun von Archäologen ein weiterer Abschnitt entdeckt.
Dr. Christoph Reichmann, ehemaliger Leiter des Museums Burg Linn, und Stadtarchäologe Dr. Hans-Peter Schletter (r.) vor einem freigelegten Bereich des Grabens. Die roten Markierung wurde nachträglich für eine bessere Wahrnehmung in das Foto montiert. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Andreas Bischof
Neue Forschungsergebnisse über die Römer in Krefeld
„Gelduba – das Kastell in der spätantiken Zeit“ heißt die jüngste Publikation von Dr. Christoph Reichmann. Der Archäologe hat darin nun neue Forschungsergebnisse und Erkenntnisse über die letzten Jahre der Römer und das folgende frühe Mittelalter in Krefeld-Gellep veröffentlicht.
Dr. Christoph Reichmann stellt sein neues Buch "Gelduba - das Kastell in spätrömischer Zeit" vor. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, D. Jochmann
Lüttinger Knabe durfte für 20 Pfennige nackt betrachtet werden
Wie die Statue in den Rhein gelangte, ist offen: vielleicht ein Beutestück, das auf der Flucht verloren ging. Oder ein römisches Schiff hat seine Ladung bei einem Untergang verloren. Im Februar 1858 machten sechs Lachsfischer aus Lüttingen und Bislich am Niederrhein diese erstaunliche Entdeckung
Sonderausstellung im Museum Burg Linn "Fischerei am Niederrhein" . Lüttinger Knabe in der Ausstellung. Bild: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation
Becher-Schüler Volker Döhne und der Niedergermanische Limes
Der Krefelder Fotograf und Becher-Schüler Volker Döhne folgte dem Welterbe „Niedergermanischen Limes“ entlang der einstigen Römerstraße von der Bundeshauptstadt bis nach Xanten.
Der Fotograf Volker Döhne in der neuen Ausstellung des Museums Burg Linn in Krefeld. Bild: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Andreas Bischof
Ein sarmatischer Spiegel aus Krefeld-Gellep
„Die Geschichte steckt im Boden“, sagen Archäologen oft. Wenn man mal als Besucher bei einer Grabung dabei ist und nichts erkennt außer Lehm, Sand und Stein, dann lesen die Archäologen in den Bodenverfärbungen nicht selten schon eine erste Geschichte.
Die Verbreitung des Sarmatischen Spiegels . Foto: Stadt Krefeld, Archäologisches Museum Krefeld

Weitere Beiträge mit Video:

Bewegender Auftakt in die Aktionswochen gegen Rassismus
Jedes Jahr am 21. März wird der Internationale Tag gegen Rassismus begangen. Er wurde 1966 von den Vereinten Nationen (UNO) ausgerufen. Um diesen Tag herum finden die Internationalen Wochen gegen Rassismus in zahlreichen Kommunen im ganzen Bundesgebiet statt.
Beim Auftakt der Internationalen Wochen gegen Rassismus mit dabei waren (von links) Comedian Benaissa Lamroubal, Abteilungsleiterin Integration Sengül Safarpour, Schulleiter des Hannah-Arendt-Gymnasiums Hans-Jörg Richter, Irina Golmann und Özben Önal vom Kommunalen Integrationszentrum sowie Sozialpädagogin Zehra Bal, Integrationsbeauftragte Dr. Silvia Fiebig und Fachbereichsleiter Migration und Integration Andreas Pamp. Bild: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Dirk Jochmann
Sport bald wieder möglich: Halle an der Breslauer Straße leergezogen
Am 12. März waren die Ausräumarbeiten weitestgehend abgeschlossen: Die Sporthalle an der Breslauer Straße in Gartenstadt, die rund vier Monate lang geflüchteten Menschen als Unterkunftsstätte diente, steht dem Schul- und Vereinssport schon bald wieder zur Verfügung.
Stadtdirketor Markus Schön (rechts im Bild) und Mitarbeitende vom Zentralen Gebäudemanagement vor der Turnahlle an der Breslauer Strasse. Bild: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation
Sportanlage: Arbeiten an der Edelstahl-Kampfbahn voll im Zeitplan
Wo sonst Fußballmannschaften trainieren und Läufer ihre Runden drehen, sind aktuell Bagger und schwere Baumaschinen im Einsatz. Es türmen sich Erdhügel, Gräben sind ausgehoben, aber dazwischen sind schon die Umrisse neuer Spielfelder und Laufbahnen erkennbar.
Sanierungsarbeiten an der Edelstahl-Kampfbahn. Bild: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Andreas Bischof
Vom Schutzsuchenden zum Vermessungstechniker
Als Schutzsuchender kam Nafez Omar mit 18 Jahren aus Syrien nach Deutschland. Über das Projekt „Qualifizierung von syrischen Geflüchteten in deutschen Kommunalverwaltungen“ wurde er auf die Stadt Krefeld aufmerksam. Drei Jahre dauerte die Ausbildung. Heute ist er Vermessungstechniker.
Im Team von Marvin Byrasch (rechts) ist Nafez Omar richtig angekommen. Bild: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation
Neujahrsempfang als Dank für engagierte Bürger im Stadtjubiläum
Nachdem Oberbürgermeister Frank Meyer beim diesjährigen Neujahrsempfang im Stadtwaldhaus seine Ansprache beendet hatte, erklang der Klassiker „With a little help from my friends“. Was Sänger Lukas Mokros da ähnlich emotional intonierte wie einst Joe Cocker, drückte ganz nebenbei das Grundgefühl des Abends aus.
Feuershow der Krefelder Künstlergruppe Chapeau Bas auf der Außenbühne am Biergarten. Bild: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Andreas Bischof