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Teil 6: Die Zeit der Franken

Veröffentlicht am: 08.03.2023

Renate Pirling erklärt die Fundsituation am Gräberfeld in Krefeld-Gellep. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation
Renate Pirling erklärt die Fundsituation am Gräberfeld in Krefeld-Gellep.
Bild: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation

Nach den Römern kamen fränkische Kriegerscharen an den Niederrhein

Im 5. Jahrhundert ging der Einfluss der Römer stark zurück. Nach ihnen kamen fränkische Kriegerscharen an den Niederrhein. Sie standen nicht unter einer einheitlichen Führung, sondern unter der Herrschaft von Kleinkönigen, Herzögen und anderen Adeligen. Einer von ihnen, Chlodwig, aus dem Stamm der Merowinger, eroberte die letzte römische Bastion in Gallien und gewann in Folge auch die Herrschaft über alle fränkischen Kleinkönige bis an den Rhein. Er begründete das Reich der Merowinger, welches später zur Grundlage des Reiches Karls des Großen wurde.

Mit dem Gräberfeld von Gellep wurde das größte und bedeutendste seiner Art aus der Merowingerzeit gefunden

Was den Niederrhein betrifft, gibt es kaum schriftliche Quellen aus dieser Zeit, und auch die Spuren fränkischer Siedlungen sind im Krefelder Stadtgebiet sehr spärlich. Umso bedeutsamer sind die Entdeckungen der Archäologen im 20. Jahrhundert. Mit dem Gräberfeld von Gellep wurde das größte und bedeutendste seiner Art aus der Merowingerzeit gefunden. Nur eine kleine Zahl der Gräber aus dem 5. Jahrhundert war mit Grabbeigaben versehen. Albert Steeger entdeckte 1936 jedoch das Grab eines Kriegers, in dem neben verschiedenen Waffen ein fast unversehrt erhaltener, prächtiger Glasbecher gefunden wurde. Dieser weist in zwei Reihen auf die Wandung aufgesetzte, von innen her hohle Erhöhungen auf. Die ungewöhnliche Form hat zur Bezeichnung „Rüsselbecher" geführt und geht vermutlich auf römische Vorbilder zurück. Heute zählt er zu den schönsten Ausstellungsstücken im Museum Burg Linn.

Eher zufällig untersuchten die Archäologen ein anderes kleines Feld am Rand und stießen dabei auf weitere Gräber

Seit dem 6. Jahrhundert ist in Gellep ein weiteres Gräberfeld entstanden, das südöstlich des ersten, seit der spätrömischen Zeit belegten, Feldes liegt. Im September 1962 fanden unter der Leitung der damaligen Linner Museumsleiterin, Professorin Renate Pirling, auf einer Fläche von 70 mal 30 Metern weitere Grabungen statt. Dabei wurden zunächst weitere fränkische Gräber entdeckt, in denen sich allerdings keine Beigaben befanden. Eher zufällig untersuchten die Archäologen ein anderes kleines Feld am Rand und stießen dabei auf weitere Gräber, in denen sich auch Beigaben fanden. In diesem Bereich entdeckte man ein Grab, das sich schon äußerlich von den anderen unterschied und wie sich schnell zeigte, für eine archäologische Sensation sorgte.

Mehr als 40 Beigaben konnte Pirling mit ihrem Team sichern

Bei der unter der Nummer 1782 registrierten Fundstelle handelt es sich um das völlig unberührt vorgefundene Grab eines fränkischen Stammesfürsten. Mehr als 40 Beigaben konnte Pirling mit ihrem Team sichern, darunter eine Goldmünze, deren Prägung den Zeitraum des Grabes zwischen die Jahre 491 und 518 eingrenzt. In der Nähe dieser Münze lag ein Helm, der zunächst nur wie ein rostiger Klumpen aussah. Erst nach umfangreicher Restaurierung kam seine Schönheit zum Vorschein. Es handelt sich um einen Spangenhelm aus einem eisernen Gerüst, mit Bronzeplatten belegt, die von außen vergoldet und mit Ornamenten verziert sind. Er ist das Prunkstück der insgesamt sehr reichen Grabausstattung, die ein eindeutiger Hinweis auf den hohen Rang des Verstorbenen ist. Die Inschrift auf einem im Grab gefundenen Bronzekännchen nennt seinen Namen „Arpvar". Er könnte ein Gefolgsmann von Chlodwig gewesen sein. Ob er wie dieser auch Christ war, ist durch die Fundstücke nicht zu belegen. Es gibt keine schriftlichen Quellen, die mehr über seine Persönlichkeit verraten.

Die Deutsche Post gab 1977 eine Sonderbriefmarke mit einer Abbildung des Goldhelms heraus

Die Entdeckung des Fürstengrabes rückt die fränkische Zeit in Gellep in ein ganz neues Licht und sorgte überregional für große Aufmerksamkeit. Die Deutsche Post gab 1977 eine Sonderbriefmarke mit einer Abbildung des Goldhelms heraus.

Mit der Unterzeichnung einer Urkunde durch Kaiser Karl IV. am 1. Oktober 1373 in Prag wird aus dem Dorf die Stadt Krefeld. 650 Jahre ist das nun her. Anlässlich des Jubiläums blickt das Stadtarchiv in chronologischer Folge mit Geschichten und Anekdoten in die Vergangenheit. Der Blick in die Historie richtet sich nicht alleine auf den kleinen Flecken, den mittelalterlichen Siedlungskern, sondern auf das Gebiet des heutigen Krefelds. Alle Beiträge werden unter www.krefeld.de/1373 und www.krefeld650.de veröffentlicht.

Alle Beiträge aus der Artikelreihe des Krefelder Stadtarchivs zum 650-jährigen Stadtjubiläum:
Teil 57: 1980er Jahre - Die Philadelphiade und der Krefelder Appell
Mit dieser Folge endet die Reihe des Stadtarchivs Krefeld.
Von links: OB Dieter Pützhofen empfängt mit seiner Frau Angelika besondere Gäste: Bundespräsident Karl Carstens; Veronika Carstens, US-Vizepräsident George Bush, Barbara Bush, Hannelore Kohl und Bundeskanzler Helmut Kohl. Foto: Stadtarchiv Krefeld
Teil 56: Architektur der 1970er Jahre - der „Mississippi-Dampfer" und das Seidenweberhaus
Auch Krefeld hat, nach den starken Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg, im Zuge des Wiederaufbaus sein Gesicht sehr stark verändert.
Das Seidenweberhaus. Foto: Stadtarchiv Krefeld
Teil 55: 1964 erste Städtepartnerschaft mit Venlo
Im Jahr 2024 gibt es in Krefeld wieder ein Jubiläum zu feiern. Dann blickt die Städtepartnerschaft mit Venlo auf ihr 60jähriges Bestehen zurück. Am 21. November 1964 wurde die Urkunde im Krefelder Rathaus unterzeichnet.
Unterzeichnung der Städtepartnerschaft. Foto: Stadtarchiv
Teil 54: 1950 - die „Theaterehe" zwischen Krefeld und Mönchengladbach wird geschlossen
Im Jahr 2025 feiert der Zusammenschluss der Theater Krefeld und Mönchengladbach sein 75jähriges Bestehen.
Ansicht Stadttheater 1965 nach dem Umbau. Foto: Stadtarchiv
Teil 53: Krefeld ist nur noch ein Trümmerhaufen - die Zerstörung Krefelds im Juni 1943
Abgeworfen wurden rund 2100 Tonnen von Minen-, Spreng-, Stabbrand- und Phosphorbrandbomben, viele davon fielen auch ins Hülser Bruch und Kempener Feld.
Blick vom Turm der Dionysiuskirche Richtung Westen. Foto: Stadtarchiv

Die Krefelder Rheinstraße im Jahr 1916. Bild: Stadt Krefeld, Stadtarchiv
Die Krefelder Rheinstraße im Jahr 1916.
Bild: Stadt Krefeld, Stadtarchiv

 

Informationen zur Reihe: Das Stadtarchiv blickt anlässlich des Stadtjubiläums in die Krefelder Geschichte

Prag. Freitag, 1. Oktober 1373. Mit der Unterzeichnung einer Urkunde durch Kaiser Karl IV. wird aus dem Dorf die Stadt Krefeld. 650 Jahre ist das nun her. Anlässlich des Jubiläums blickt das Stadtarchiv in chronologischer Reihenfolge mit Geschichten und Anekdoten in die Vergangenheit. „Das machen wir mit wissenswerten Beiträgen, aber auch mit humorvollen Geschichten", sagt Archivleiter Dr. Olaf Richter. Der Blick in die Historie richtet sich zwei Mal pro Woche nicht alleine auf den kleinen Flecken, den mittelalterlichen Siedlungskern, sondern auf das Gebiet des heutigen Krefelds.