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Kulturszene diskutiert bei „Cities Ahead Academy“ im Alten Stadtbad

Veröffentlicht am: 23.05.2025

Cities-Ahead-Academy des Goethe-Instituts im Wandelgang des Stadtbads Neusser Straße. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, D. Jochmann
Cities-Ahead-Academy des Goethe-Instituts im Wandelgang des Stadtbads Neusser Straße.
Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, D. Jochmann

Im Rahmen der Cities Ahead Academy des Goethe-Instituts trafen sich am 19. und 20. Mai rund 30 Akteure aus dem Krefelder Stadtleben zum Austausch über kulturelle Stadtentwicklung. Teilnehmer bei der Veranstaltung im Wandelgang des Alten Stadtbads kamen aus den städtischen Kulturinstituten, den Fachbereichen Sport, Wirtschaft, Stadtmarketing, Integration, Quartiersmanagement, Schule und Bildung sowie aus der freien Kulturszene. Der Kreis war eng begrenzt und nach Vielfalt der Perspektiven zusammengestellt. Mit der Teilnahme hat sich Krefeld für das Jahr 2025 als eine von insgesamt drei Städten über 50.000 Einwohner qualifiziert. Aus dem Modulangebot wählten die Teilnehmenden im Vorfeld der Veranstaltung die Kernthemen „Städte als kreatives Ökosystem", „Entwicklung von Kulturstrategien" und „Kulturelle Teilhabe".

Charles Landry: Vom „Nein, weil", zum „Ja, wenn"

Zu „Städte als kreatives Ökosystem" sprach Charles Landry, Städteforscher und Publizist aus Großbritannien, der sich seit den 1970er-Jahren mit dem Zusammenhang zwischen Kultur und Stadtentwicklung befasst. Landry sieht im kreativen Potential von Städten einen essenziellen Faktor für deren Überlebensfähigkeit. Für Krefeld hatte Landry nicht nur niederschwellige Fallbeispiele wie das „Projekt Farm Cultural Park" in Favara und „Dismaland" in Somerset als Anschauungsmaterial dabei, sondern auch konkrete Anreize für ein Umdenken der eigenen Stadt, genannt „Ambition Challenges".

„It's not ok to be ok", lautete die erste dieser Thesen: Nur „in Ordnung" zu sein, reiche nicht für eine Stadt, die zukunftsfähig bleiben wolle, und dürfe nicht zur bequemen Grundhaltung werden. Um dem entgegenzuwirken, sei es wichtig, eine Ermöglichungskultur zu etablieren, weg von einer „Nein, weil..."-, hin zu einer „Ja, wenn..."-Haltung in städtischen Strukturen. Um erfolgreich zu einem kreativen, zukunftsfähigen Ort zu werden, solle man das Bewährte hinterfragen und den Mut haben, sich davon zu lösen. Verwaltungen, so Landry, sollten aktiv die Jungen und die Kreativszene, ihre Bedürfnisse und Denkweisen anhören und für die eigene Arbeit in Erwägung ziehen. Dabei sei eine Erkenntnis, die er über die vielen Jahre seiner Tätigkeit gelernt habe, entscheidend: „Gute kreative Stadtentwicklung ist mehr wie improvisierter Jazz als wie eine fein strukturierte Symphonie". Sie geht mit Dissonanzen, Situationen des Ausprobierens und Verwerfens einher.

Patrick Föhl: Kulturelle Transformation gestalten

Mit Dr. Patrick Föhl, der als Berater für transformative und konzeptbasierte Kulturentwicklung tätig ist, begab sich die Gruppe auf die Suche nach konkreten Ansatzpunkten in Krefeld in Anbetracht des allgemeinen kulturellen Wandels. Föhl hatte in Vorbereitung der Veranstaltung eine Umfrage zu Stärken und Schwächen der Krefelder Szene erstellt und seine Inhalte daran angepasst. Kultur habe derzeit viele, vielleicht zu viele, Aufgaben gleichzeitig, so Föhl. Deshalb müsse man sich bewusst sein, dass Transformation - sofern sie nachhaltig gelingen soll - Kraft, Weitblick und Geduld erfordere.

Gemessen an den erhobenen Daten aus seiner Umfrage, seien für Krefelds Kulturstrategie fünf Prioritäten zu beachten: die Stärkung von Kooperationen, eine verbesserte Teilhabe, mehr finanzielle Unterstützung, interkulturelle Angebote und mehr bezahlbare Räume für freie Projekte. Im Rahmen von Gruppenarbeiten tauschten sich die Beteiligten zu den genannten Themen aus und entwickelten erste Ideen, diesen konstruktiv zu begegnen.

Davide Brocchi: Spielwiesen für Alternativen

Mit einem Vortrag von Dr. Davide Brocchi, Sozialwissenschaftler und Transformationsforscher, begann Tag zwei der Cities Ahead Academy. Brocchi sensibilisierte für den Umgang zwischen den Treibern von Veränderungsprozessen und der Bevölkerung, insbesondere marginalisierten oder vom jeweiligen Prozess direkt betroffenen Gruppen. Statt eine „kulturelle Missionierung" zu verfolgen, solle man Transformationsprozesse „bottom-up", denken, also von der Bürgerschaft ausgehend. Dabei sei es wichtig, diese aktiv mitgestalten zu lassen und Freiräume für Eigeninitiative zu schaffen. „Wir brauchen Spielwiesen für Alternativen", sagte Brocchi und illustrierte dies mit einem Fallbeispiel aus Köln-Ehrenfeld: Hier hatte man vor einigen Jahren einen „Tag des guten Lebens" ausgerufen, den die Bürger des Stadtteils unter wenigen Vorgaben selbst gestalten konnten. Das Projekt war ein großer Erfolg und findet seither regelmäßig statt. Doch auch in der Entwicklung eigener Angebote seien die Institutionen angehalten, Bedarfe der Bürgerschaft zu berücksichtigen.

Der Tag endete mit einer weiteren Gruppenarbeit, diesmal zu Themen der Teilhabe wie Barrierenabbau oder Kommunikationsstrategien im Kulturbetrieb. Im Schlussgespräch einigten sich die Beteiligten auf einen weiteren, regelmäßigen Austausch, um die entwickelten Ideen weiterzudenken und umzusetzen. Im dem Zuge werden weitere Akteure eingebunden. Für den anstehenden Transformationsprozess stellt das Goethe-Institut konkrete Handlungsempfehlungen sowie einen Report der Veranstaltung zur Verfügung.

Die „Cities Ahead Academy" ist ein Projekt des Goethe-Instituts, das Kommunen mit individuell zugeschnittenen Impulsvorträgen renommierter Experten beim kulturellen Transformationsprozess unterstützen soll. Ziel der Academy ist es, zum einen Handlungsbedarfe und Herausforderungen, zum anderen bereits bestehende Potenziale und Anknüpfungspunkte in Sachen Kultur und Stadtentwicklung zu definieren und Handlungsoptionen aufzuzeigen.