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Josef „Jupp" Kompalla: „Ich will den Krefeldern etwas zurückgeben"

Veröffentlicht am: 17.06.2022

 

Sammlung Jupp Kompalla
Im Rathausflur: Dr. Cedric Bolz (Douglas College), Dr. Christoph Moß (Stadtarchiv) und Josef Kompalla (v. l.). Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, A. Bischof

Der international bekannte Krefelder Eishockey-Schiedsrichter und ehemalige Eishockey-Spieler Josef (Jupp) Kompalla (86) übergibt der Stadt Krefeld seine bedeutende Sammlung zur Geschichte des Eishockeys. Im Rathaus hat er jetzt bei einem Treffen mit Dr. Christoph Moß, stellvertretender Leiter des Stadtarchivs, einen Schenkungsvertrag unterzeichnet. Begleitet wurde Josef Kompalla vom Historiker Dr. Cedric Bolz vom Douglas College in Vancouver. Im Verlaufe seiner Karriere als Eishockeyspieler und späterer Tätigkeit als Schiedsrichter hat der unter seinem Rufnamen „Jupp" bekannt gewordene Kompalla zahlreiche Devotionalien gesammelt und aufbewahrt. Unter anderem gehört zu seiner Sammlung ein Eishockeyschläger der kanadischen Eishockeylegende Wayne Gretzky. Indem Kompalla nun dieses Konvolut an die Stadt übergibt, will der gebürtige Oberschlesier auch seine Verbundenheit zur Stadt Krefeld zum Ausdruck bringen, die ihm liebgewonnene Heimat geworden ist. „Seit 60 Jahren wohne ich gerne in dieser Stadt, habe für die Stadt gearbeitet, habe hier viele Bekanntschaften. Ich will den Krefeldern etwas zurückgeben,", sagte Kompalla bei der Vertragsunterzeichnung. Oberbürgermeister Frank Meyer hatte zuvor mit ihm im Austausch gestanden und für die dauernde Aufbewahrung des Materials in der Stadt Krefeld geworben.

Dr. Christoph Moß, stellvertretender Leiter des Stadtarchivs, freut sich über den bedeutenden Nachlass. „Josef Kompalla ist eine wichtige Person der Krefelder Sportgeschichte, er hat als Schiedsrichter einige der bedeutendsten Spiele der Eishockeygeschichte geleitet. Seine Sammlung ist beeindruckend und unbedingt für die Nachwelt zu erhalten. Wir übernehmen zusammen mit dem Museum Burg Linn diesen Nachlass, um ihn für die Zukunft zu sichern." Ein kleiner Ausschnitt von Kompallas Sammlung war bereits bei der Ausstellung zur Krefelder Sportgeschichte im Museum Burg Linn zu sehen. Weitere Exponate wird Kompalla in den kommenden Jahren sukzessive dem Stadtarchiv übergeben. Dazu zählen auch viele Plakate von Eishockey-Großereignissen.

Jupp Kompallas Sportlerleben

Josef Kompalla ist Mitglied der IIHF Hockey-Hall-of-Fame (HHOF) in Toronto, der deutschen Eishockey-Hall-of-Fame und Bundesverdienstkreuzträger. Im Munzinger-Personenarchiv steht über den Krefelder Sportsmann, er habe als der „beste und bekannteste deutsche Eishockey-Schiedsrichter" gegolten. Man übertreibt also nicht, wenn man ihn als eine Legende des Eishockeysports bezeichnet, in dessen Lebensgeschichte sich West und Ost immer wieder begegnen. Geboren wurde „Jupp" Kompalla 1936 in im heute polnischen Kattowitz. Schon dort war er als Eishockeyspieler aktiv, wurde unter anderem mit Gornik Katowice polnischer Meister, lief zweimal für die polnische Nationalmannschaft auf. 1958 siedelte seine Familie in den Westen über, Josef Kompalla kam nach Krefeld. Dort griff er schnell wieder zum Schläger, lief 158 Mal für Preussen Krefeld auf, spielte auch zweimal für die deutsche B-Nationalmannschaft. Aus seiner Zeit bei Preussen Krefeld, damals der Stadtrivale des KEV und lange Zeit gemeinsam mit dem KEV Erstligist, besitzt Josef Kompalla noch ein Trikot; „sogar mit Blutspuren drauf", wie er schmunzelnd mitteilt.
Schiedsrichter beim Deutschen Eishockey Bund

Sammlung Jupp Kompalla
Dr. Christoph Moß (Stadtarchiv), Josef Kompalla und Dr. Cedric Bolz (Douglas College) (v. l.) bei der Vertragsunterzeichnung im Rathaus. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, A. Bischof

Nachdem die aktive Hockeykarriere endete, hätte Kompalla dem Eishockey den Rücken zukehren können. Der damalige NRW-Eishockeyschiedsrichter-Obmann war es jedoch, der ihn für einen Schiedsrichter-Lehrgang begeisterte. 1969 wurde Josef Kompalla Schiedsrichter im Deutschen Eishockey Bund. Er arbeitete dann für die Stadt Krefeld, gab unter anderem Schlittschuhlauf-Unterricht. Durch flexible Lösungen wurde es ihm immer wieder möglich, seiner Leidenschaft des Schiedsrichterwesens nachzugehen. Er leitete bis 1992 über 2.000 Erstligapartien, 157 Länderspiele. Er war unter anderem bei den Olympischen Spielen 1976 in Innsbruck, 1980 in Lake Placid und 1984 in Sarajevo als Schiedsrichter im Einsatz, bei weiteren Olympischen Spielen danach als Chefbeobachter. Von 1972 bis 1986 war er bei 13 Weltmeisterschaften als Schiedsrichter tätig. 1992 beim Deutschland-Cup beendete er seine Laufbahn als Schiedsrichter. Eine „innige Verbindung" bestand dabei stets zu den Fans der DEG aus Düsseldorf. Von dort ist ein Gesang übermittelt, der Kompalla heute noch schmunzeln lässt: „Oh, mir tun die Augen weh, wenn ich den Kompalla seh." Der Name Kompalla blieb aber auch in anderer Hinsicht eng mit dem deutschen Eishockeysport verbunden: Tochter Nicole fungierte ebenfalls als Schiedsrichterin.

Summit-Series 1972

Als der Höhepunkt seiner Karriere gilt die Leitung des Entscheidungsspiels der Summit-Series 1972 zwischen der UdsSR und Kanada. Und auch dieses Spiel ist Teil jener Entwicklung, die Josef Kompalla und die Stadt Krefeld zusammenführte. Der Historiker Dr. Cedric Bolz vom Douglas College in Vancouver/Kanada hat einen Aufsatz über die Summit Series 1972 geschrieben, die sich in diesem Jahr zum 50. Mal jährt und die vor dem Hintergrund des Aufeinandertreffens von Ost und West auch gegenwärtig eine besondere Bedeutung hat. Er hat in diesem Aufsatz die Rolle von Josef Kompalla im Rahmen der Summit Series untersucht. „Diese Spiele sind vergleichbar mit dem, was für uns in Deutschland das ,Wunder von Bern' war", sagt Bolz, der in Essen geboren wurde und ebenfalls eine Verbindung nach Krefeld hat. Sein Stiefvater spielte in Krefeld für den KEV Eishockey. Bolz hat für seine Recherchen nun Kompalla in Deutschland besucht, nahm in den Gesprächen zwischen dem Stadtarchiv und Josef Kompalla als Begleiter teil.

Das entscheidende Spiel

Die Begegnungen der Summit Series 1972 waren der erste Wettbewerb zwischen professionellen kanadischen und sowjetischen Eishockeyspielern mit insgesamt acht Spielen, vier in Kanada und vier in Moskau Vor dem achten von Kompalla geleiteten Aufeinandertreffen in Moskau hatten beide Mannschaften jeweils dreimal gewonnen, eine Partie ging Unentschieden aus, die Sowjetunion hatte aber ein Tor mehr erzielt, so dass Kanada die letzte Partie am 28. September 1972 im Luzhniki-Sportpalast zu Moskau gewinnen musste. Nach dem zweiten Drittel führten die Russen mit 5:3, im dritten Drittel gelang den Kanadiern zunächst der Anschluss-, dann der Ausgleichstreffer und schließlich 34 Sekunden vor Ende der Siegtreffer. In der Schlussrechnung erreichte Kanada damit den Sieg bei der Summit Series. Eine Vielzahl von Medien in Kanada befasst sich anlässlich des 50. Jahrestages in den kommenden Monaten mit dieser sportlichen Auseinandersetzung.

Die Kanadier und Kompalla

Cedric Bolz hat sich mit Josef Kompalla beim Besuch in Krefeld intensiv ausgetauscht. Hintergrund ist, dass die Kanadier Kompalla stets nachgesagt hatten, parteiisch für die Sowjetunion gepfiffen zu haben. Durch seinen Aufsatz, der im August als Teil eines Sammelbandes erscheinen soll, versucht Cedric Bolz dieses schiefe Bild der Sportgeschichte zu korrigieren. Kompalla betont, dass er als Schiedsrichter stets auf Grundlage seiner Wahrnehmung gepfiffen habe. Bei groben Fouls habe er Härte gezeigt. Ansonsten gilt „Leben und leben lassen", als seine Devise. Auf dem Eis ist er damit nicht schlecht gefahren. Und auch in seinem nunmehr 86-jährigen Leben war ihm dieses Motto ein guter Begleiter. „Ich bin dankbar für das, was ich erlebt habe. Und ich hoffe, ich darf noch ein paar Jahre dranhängen", sagt Kompalla.