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Heimat in der Fremde: Von Händlern, Kulten und Soldaten

Veröffentlicht am: 22.02.2022

Stadtarchäologe Hans Peter Schleter und Eric Sponville am Modell des "Spenden-Röhren-Grabes".   Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Andreas Bischof
Stadtarchäologe Hans Peter Schletter und Eric Sponville am Modell des "Spenden-Röhren-Grabes".
Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Andreas Bischof

 

 

 

Auf dem Bauch des nachgebildeten Körpers steht ein kleines Tongefäß. Dort mündet ein Rohr bestehend aus vier Elementen, das schräg von der Oberfläche in das Grab hineinreicht. Auf diese Weise konnten Angehörige ihre Tote auch noch nach der Beerdigung mit Speisen für ihr Dasein im Jenseits versorgen. „Es ist ein Grab aus dem dritten Jahrhundert", sagt Stadtarchäologe Hans Peter Schletter. Das sogenannte „Spenden-Röhren-Grab" wurde bereits in den 1930er-Jahren vom Archäologen und damaligen Museumsleiter Albert Steeger entdeckt, wird aber nun zum ersten Mal öffentlich präsentiert. „Es ist das einzige Grab dieser Art von den über 6.500 Gräbern in Gellep. Nur in Köln gab es bislang einen vergleichbaren Fund in Deutschland", sagt Eric Sponville, Doktorand am Archäologischen Museum Krefeld. Weitere Nachweise finden sich erst weit weg, quasi am anderen Ende des römischen Reiches in Nordafrika. „In der südlichen Türkei existieren auch noch solche Gräber", sagt Sponville. Wer auch immer im Gelleper Boden nach diesem seltenen Ritus bestattet worden ist, sie kam wahrscheinlich aus einer dieser römischen Provinzen in den kleinen Ort am Niedergermanischen Limes.

 

 

 

Neue Ausstellung wird im Archäologischen Museum Krefeld aufgebaut

In der Ausstellungshalle des Archäologischen Museums Krefeld herrscht geschäftiges Treiben: Vitrinen werden platziert, Exponate eingeräumt. Schletter, Sponville, die Restauratorin Eileen Wolff, die Restaurationsmitarbeiterin Alexandra Frischen sowie die Museumspädagogen Larissa Konze und Matthias Ackermann arbeiten zurzeit an der Ausstellung „Heimat in der Fremde" (ab 18. März) beziehungsweise bauen sie auf. Sie ist Teil des Themenjahrs „Provinz - provinciaal" des Kulturgeschichtlichen Museumsnetzwerks Rhein-Maas, das sich der „Mobilität und Migration" in der Region widmet. Für die Krefelder Archäologen lautete die Herausforderung: Wie spiegelt sich das römische Weltreich in dem Kastell und seiner Zivilsiedlung wider? „In Gellep ist das tatsächlich auch möglich", sagt Schletter. Denn die Römer lebten dort kontinuierlich vom ersten bis zum fünften Jahrhundert. Aber so einheitlich sich „die Römer" zuerst anhört, so bunt und vielfältig sammelt sich darunter ein Mix aus Völkern und Kulten, der sich aus allen Teilen des römischen Reiches zusammensetzt. „Es ist so spannend, was an einem Ort wie Gelduba am Rande des römischen Imperiums über einige Jahrhunderte alles nachweisbar ist. Wir können hauptsächlich aus den Funden unseres Gräberfeldes, aber auch aus dem Kastell und der Zivilsiedlung die Vielfältigkeit der Menschen aus dem römischen Reich darstellen", betont der Stadtarchäologe. So bauten Soldaten aus Spanien das erste Holz-Erde-Kastell um die Jahre 70/71 nach Christus auf der Anhöhe am Rhein. Nachweisen lässt sich das anhand von Ziegelstempeln, welche die Spanier für das erste Badehaus selbst brannten.

Restauratorin Eileen Wolff bei der Herstllung einer Glasschalen-Kopie.
Restauratorin Eileen Wolff bei der Herstllung einer Glasschalen-Kopie.
Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Andreas Bischof

Handel, Religion und Militär - mit diesen Themen befasst sich die Ausstellung

Drei Sektionen beinhaltet die kommende Ausstellung - Handel, Religion und Militär. „Es gibt viele Funde, Modelle und Karten, die wir dann zum ersten Mal zeigen", sagt Schletter. So wird ein Teilmodell des spätantiken Kastells, ein Lagertor, zu sehen sein, das nach den neuesten Forschungsergebnissen angefertigt wurde. Zudem ist eine 3D-Rekronstruktion des Mithras-Tempels in Vorbereitung. Die Spuren des hölzernen Bauwerkes wurden 1981 nordwestlich des Kastells entdeckt. Der Tempel aus dem zweiten Jahrhundert war dem persischen Sonnengott Mithras geweiht. In der Ausstellunghalle wird auch die Museumspädagogik eingebunden. „Wir entwickeln zurzeit ein Brettspiel mit den uns aus hiesigen Funden bekannten Menschen wie einem syrischen Händler", so Ackermann.

In der Restaurierungswerkstatt arbeiten Wolff und Frischen momentan an der originalgetreuen Kopie einer Glasschale, die im „Spenden-Röhren-Grab" vorhanden war. Beide haben auch das Modell für die Ausstellung entworfen und realisiert. „Die Schale wird aus Kunstharz gegossen. Die Farbe wird noch eine Herausforderung sein", sagt Wolff. Die Nachbildung soll dann außerhalb einer Vitrine ausgestellt werden, gut sichtbar für die Besucher. „Unter Glas" soll hingegen ein zierlicher Armreif aus Bronze aus dem dritten/vierten Jahrhundert gezeigt werden. „Das Dekor lässt darauf schließen, dass er aus Britannien stammt", erklärt Wollf. Wie dieser Fund sollen auch die anderen Funde in der Ausstellung „Heimat in der Fremde" eine kleine Geschichte über die Herkunft von Menschen erzählen, die aus unterschiedlichen Gründen aus irgendeinem Ort aus dem großen römischen Reich nach Gelduba kamen.