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Das niederrheinische Auge blickt in die letzten Winkel

Veröffentlicht am: 15.12.2019

Unter der Überschrift „Beuys & Bike" verknüpft eine eigens entwickelte Radroute in NRW Orte, die im Leben und Wirken von Joseph Beuys eine wichtige Rolle gespielt haben.  Foto: Archiv der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR) / Hans Lachmann
Joseph Beuys
Foto: Archiv der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR) / Hans Lachmann

 

Zwischen Kleve, Krefeld und Düsseldorf verdichtet sich das Werk von Joseph Beuys - wie nirgendwo sonst auf der Welt

Nichts spiegelt diesen Landstrich so wie der weite Himmel, der am Niederrhein schon das nahe Meer erahnen lässt. Das Land ist flach. Ihm fehlt die Dramatik der Berge und die schroffen Hänge des Mittelrheintals. Blauer Himmel, Nebel oder Wolken bestimmen die Stimmung am Strom. „Stärk prägend für Joseph Beuys war die niederrheinische Landschaft selbst", schreibt der Biograph Heiner Stachelhaus.

So ist Beuys aufgewachsen

Der Künstler wurde 1921 in Krefeld geboren, wuchs in Kleve auf, studierte und lehrte in Düsseldorf. Beuys ist ein Niederrheiner. Wie seine Eltern sprach er Platt. „Bei Nachbarn und Freunden wurde Beuys, auch als er schon längst bekannt und berühmt war, „dat Jüppken" genannt", berichtet Stachelhaus. In keiner Region konzentriert sich heute sein Lebenswerk, dessen 100. Geburtstag 2021 ansteht, so stark wie am Niederrhein - eine Entdeckungsreise. Beuys ist natürlich ein Klever. Doch am Beginn steht eine erste Episode in Krefeld. Als Sohn des Kaufmanns Jakob Beuys und Johanna Beuys wurde er dort am 12. Mai 1921 geboren. Auf der Personenstandskarte der Stadt ist die Geburt von „Joseph Heinrich" vermerkt. Der Vater lebte bereits seit 1910 zuerst an der Königstraße, nach mehreren Umzügen seit 1920 dann mit seiner Frau am Alexanderplatz 5. Nur wenige Monate nach der Geburt ihres Sohnes zog die Familie Beuys nach Kleve. In der „Schwanenstadt" können Besucher heute seine rekonstruierten Atelierräume im Museum Kurhaus besichtigen. Für gut sieben Jahre,von 1957 bis 1964, arbeitete Beuys an der Tiergartenstraße. Der Zeitraum steht für einen Wandel in seinem Werk, in dem er sich von dem Einfluss seines Lehrers Ewald Mataré loslöste.

Verbindung zwischen Beuys und dem Kaiser-Wilhelm-Museum

Seit dem Beginn seiner künstlerischen Entwicklung gab es eine Verbindung zwischen Beuys und dem Kaiser-Wilhelm-Museum in seiner Geburtsstadt sowie dem Dichter Rainer Lynen. Dieser wohnte in einem der „Kullhäuser" an einem Altrheinarm in Krefeld. Dort fand 1948 eine Ausstellung in Kooperation mit dem Dichter statt und im selben Jahr wurden im Kaiser- Wilhelm-Museum seine Arbeiten „Leuchtturm", „Roter Berg" und „Liegendes Schaf" gezeigt. Museumsdirektor Paul Wember versuchte, dem Absolventen der Kunstakademie Aufträge und Ankäufe zu vermitteln. Die Stadt kaufte Anfang der 1950er-Jahre den „Brunnen" an, bis zum letzten Ankauf 1976 gelangten mit Hilfe des Künstlers 53 weitere Arbeiten, darunter mehrere Plastiken. Nur wenige Kilometer vom Klever Kurhaus entfernt, befindet sich das Museum Schloss Moyland. Die dort ansässige und gleichnamige Stiftung besitzt etwa 6000 Arbeiten und somit die weltweit größte Sammlung an Beuys-Werken. Dieser Bestand beruht auf der privaten Sammeltätigkeit der Brüder Hans und Franz Joseph van der Grinten, mit denen Beuys eine lebenslange, freundschaftliche Beziehung verband. Ihre Sammlung, Dokumente und andere Archivalien übertrugen sie 1990 der Stiftung Museum Schloss Moyland. Krefeld, Kleve und dann Düsseldorf: Dem Ruf an die Akademie folgt Beuys 1961. Er war ein leidenschaftlicher Lehrer, der seinen erweiterten Kunstbegriff nicht nur propagierte, sondern realisieren wollte. Als er im Oktober 1972 mit abgewiesenen Bewerbern das Sekretariat der Akademie besetzt, eskaliert die Situation. Der damalige Wissenschaftsminister Johannes Rau entlässt ihn fristlos.

Rückkehr nach Düsseldorf

Der Protest folgt wie mehrere Prozesse. Letztlich erhielt Beuys vor dem Bundesarbeitsgericht Recht. Die Einbaum-Aktion 1973 über den Rhein nahm vorweg, was sich fünf Jahre später verwirklichen sollte, die Rückkehr Beuys als Professor in Düsseldorf. - Beuys in Düsseldorf können Besucher in der Kunstsammlung NRW entdecken. Gut 80 Installationen, Vitrinen, Zeichnungen und Collagen aus den Jahren 1944 bis 1985 zählen zum Bestand. Eine Besonderheit können Beuys- Begeisterte jedoch nur auf der linken Rheinseite sehen: Seit den 1970er-Jahren befindet sich im Kaiser-Wilhelm-Museum eine der wenigen noch erhaltenen Rauminstallationen des Künstlers. Aus sieben Werken bildete Beuys dort eine eigene „Werkgruppe" mit der Barraque D'Dull Odde (1961 bis 1967) als geistig-künstlerischem Zentrum, 1977 schuf er dafür im Museum eine permanente Installation. 1984 wurde sie von Beuys vollendet, indem er einen zweiten Raum hinzufügte. Beuys gilt bis heute weltweit als einer der bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts. Er starb am 23. Januar 1986 in Düsseldorf, im April 1986 wurde seine Asche auf der Nordsee verstreut.

 

 

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