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„Das ist die einzige Chance, dieser Pandemie Herr zu werden“

Veröffentlicht am: 13.06.2021

Oberbürgermeister Frank Meyer und Dr. Wilhelm Stutzinger von der Kassenärztlichen Vereinigung nahmen die ersten 120 Dosen des Impfstoffs am Hansa-Haus in Empfang. Neben dem Impfteam standen auch Vertreter der Polizei und der Feuerwehr zur Absicherung bereit. (Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Andreas Bischof)
Oberbürgermeister Frank Meyer und Dr. Wilhelm Stutzinger von der Kassenärztlichen Vereinigung nahmen die ersten 120 Dosen des Impfstoffs am Hansa-Haus in Empfang. Neben dem Impfteam standen auch Vertreter der Polizei und der Feuerwehr zur Absicherung bereit.
Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, Andreas Bischof

Herr Dr. Stutzinger, sind Sie schon gegen Corona geimpft?

Dr. Wilhelm Stutzinger: Ja, als Teil des mobilen Impfteams für die Krefelder Seniorenheime habe ich Mitte Januar die erste Spritze erhalten. Anfangs war ich auch skeptisch, was mögliche Nebenwirkungen der Impfung sein könnten, inzwischen habe ich aber meine Meinung grundlegend geändert. Heute ist es mein inständiger Wunsch und mein Rat als Arzt, dass alle, denen die Impfung angeboten wird, davon auch Gebrauch machen. Es ist die einzige Chance, dieser Pandemie Herr zu werden.

Sie haben demnach keine schweren Nebenwirkungen beobachten können?

Stutzinger: Nach einigen tausend Impfungen, die mein Impfteam durchgeführt hat, kann ich diese Fragen eindeutig verneinen. Auch ich selbst hatte keine Nebenwirkungen, von leichten Schmerzen im Muskel einmal abgesehen. Das ist aber völlig normal. Und nach zwei Tagen war auch alles wieder gut. Meist wird das Serum in den Oberarm-Muskel injiziert, der Oberschenkel ist aber auch geeignet.

Wie läuft eine Massenimpfung in den Seniorenheimen ab? Wie am sprichwörtlichen Fließband?

Stutzinger: Was den eigentlichen Impfvorgang angeht, läuft es tatsächlich im Minutentakt. Die geh-fähigen Bewohnerinnen und Bewohner erhalten ihre Spritze zumeist im Stehen oder auf einem Stuhl sitzend. Die Bettlägerigen werden auf den Zimmern geimpft. Was allerdings längere Zeit in Anspruch nimmt, ist das vorgeschaltete Procedere. In den Heimen wird entweder nach alphabetischer Reihenfolge oder nach Wohnbereichen geimpft. Es bilden sich also entsprechende Schlangen - natürlich unter Einhaltung der Abstandsregeln. Auch das Vorbereiten der Spritze, das sogenannte „Rekonstituieren", ist sehr aufwändig.

Wie kommt das?

Stutzinger: Aus einem Fläschchen können sechs Dosen des Vakzins entnommen werden. Diese Dosen müssen angemischt, die Spritzen aufgezogen werden. Es ist die wichtigste Tätigkeit im Zusammenhang mit der Impfung. Der hoch empfindliche Impfstoff verlangt höchste Konzentration. Es dürfen keine Fehler passieren, um die Wirksamkeit nicht zu gefährden. Daher achten wir immer darauf, dass die dafür zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen eigenen Raum in der jeweiligen Einrichtung bekommen und die Tür hinter sich schließen. Denn dafür braucht es Ruhe. Diesem Personal, es sind medizinische Fachangestellte oder pharmazeutisch- technische Assistenten, gebührt höchstes Lob. Der eigentlich „Piks" wird dann von Ärztinnen und Ärzten vorgenommen. Das Kernteam besteht aus sieben Mitarbeitern und Medizinern. Hinzu kommen die Ärzte, die auch im Normalfall die Heime betreuen.

Mit wie vielen Dosen gehen Sie in die Einrichtungen?

Stutzinger: Das wird aufgrund der momentanen Knappheit des Impfstoffs genauestens kalkuliert. Denn wenn in Einrichtung A zehn Dosen fehlen, kann nicht einfach überschüssiger Impfstoff aus Einrichtung B herangeschafft werden. Vielleicht ändert sich das bald. Es soll daher immer exakt die Menge angeliefert werden, die für alle Impfwilligen reicht. Heißt: Die jeweilige Bereitschaft eines Hauses muss im Vorfeld abgefragt werden.

Wie hoch ist denn die Impfbereitschaft in den Krefelder Heimen?

Stutzinger: Sie ist erfreulich hoch und steigt auch immer weiter, gerade auch bei den Jüngeren. Das gilt insbesondere für das Pflegepersonal, das ja ebenfalls schon geimpft wird. Die Leute kommen sogar in ihren freien Schichten zu uns.

Und wer sich nicht impfen lassen möchte?

Stutzinger: Der wird natürlich nicht geimpft. Die Selbstbestimmung ist von entscheidender Bedeutung für die allgemeine Akzeptanz. Ein Impfzwang wäre in meinen Augen völlig kontraproduktiv. Jeder und jede kann es sich auch noch Sekunden vor dem „Piks" anders überlegen.

Was aber passiert dann mit der überzähligen Spritze?

Stutzinger: Dafür gibt es genaueste Vorgaben des Landes NRW. Auf der Liste ganz oben stehen zum Beispiel Mitglieder des Feuerwehr- Rettungsdienstes. Bleiben Dosen übrig, werden die Leute angepiept und erscheinen so schnell wie möglich in der betreffenden Einrichtung, wo sie dann die Spritze bekommen.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Stadt und Impfteam?

Stutzinger: In den Monaten der Pandemie ist ein starkes Netzwerk entstanden. Damit meine ich unter anderem Stadt, Gesundheitsamt, Apothekerschaft, Feuerwehr, Polizei und andere. Alle Seiten haben viel voneinander gelernt. So weiß ich inzwischen, wie eine städtische Verwaltung funktioniert. Und die Verwaltung weiß, wie wir niedergelassenen Ärzte denken und handeln. Bei Fragen und Problemen sind alle jederzeit ansprechbar. Ich selbst habe zu später Stunde noch mit dem Stadtdirektor und der Gesundheitsdezernentin telefonieren können. Ich hoffe sehr, dass dieses Netzwerk auch noch lange nach der Pandemie Bestand haben wird.

Das klingt, als gebe es keinerlei Probleme...

Stutzinger: Bei der größten Impfaktion in der Geschichte der Menschheit kommt es zwangsläufig zu Problemen. Für die Organisation vor Ort aber kann ich sagen, dass wir in Krefeld trotz aller Schwierigkeiten bei der Umsetzung bislang immer eine gute und praktische Lösung gefunden haben. Dafür bin ich dankbar.

 

 

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